Ein guter Start
«Wo bleibt Batman?», frage ich mich, als ich mich dem schwarz-matten Teufel langsam nähere. Stets in Erwartung, dass der Fledermaus-Mann gleich theatralisch vor meine Füsse stürzt und auf seinem Feuerstuhl die Kurve kratzt. Doch er kommt nicht, die Honda Vultus scheint nur auf mich zu warten. Ziemlich wuchtig sieht sie aus, so eine Mischung aus Chopper und Roller, in futuristischem Manga-Design. Sogar ein wenig zum Fürchten. Als ich das blaue «L» montiere, beschleicht mich langsam ein ungutes Gefühl. Wird meine erste Fahrt auf einem schweren Motorrad gleich ein Höllenritt? Doch schon als ich mich drauf setze wird klar, die Honda Vultus ist mir gut gesinnt: Mit beiden Füssen auf dem Boden fühle ich mich sicher, tiefe Sitzhöhe sei Dank. Ich drehe den Schlüssel und der Zweizylinder-Motor beginnt zwischen meinen Beinen zu vibrieren. Ein guter Start, würde ich meinen. Langsam gebe ich Gas und die vollgetankten 245 Kilos unter mir kommen in Bewegung. Zum Glück muss ich nicht schalten, das macht die Vultus ganz von alleine: Ihr serienmässiges Doppelkupplungsgetriebe steuert die Schaltvorgänge im D- oder im sportlichen S-Modus elektronisch. Per Handtasten kann ich mich zwar einmischen und die sechs Gänge selber verwalten, doch das lass ich am Anfang lieber noch bleiben. Die Fahrt wird begleitet durch eitel Sonnenschein, die Strasse schlängelt sich wohlwollend durch die noch etwas braun-grüne Landschaft. Keine Haarnadelkurven für den Anfang, mit dem langen Radstand sind enge Kurven . Ich fühle mich wohl und gebe Gas.
Gut getarnter Chopper
Das Zweizylinder-Triebwerk dreht munter hoch. Der Paralleltwin mit 750 cm3 Hubraum und vorgeneigtem Zylinder ist so eingebaut, dass der Schwerpunkt des Motorrads sehr tief liegt. Das erlaubt ein einfaches Handling. ABS ist serienmässig verbaut und schafft mehr Sicherheit bei harten Bremsmanövern. Die Schaltvorgänge sind bei langsamer Fahrt etwas hart, das bringt Unruhe ins Bike. Aber bei niedertourigem Cruisen merkt man davon nicht viel. Die Vultus gibt sich rundum freundlich, ihre 55 PS und ein Drehmoment von 68 Nm sorgen für anständigen Schub. Gleichzeitig schützt die markante, breite Front vor dem Fahrtwind. Die Füsse entspannt auf dem Trittbrett, cruise ich gelassen über den Belpberg. Die Sitzhaltung ist extrem entspannend und eines wird schnell klar: Die Vultus ist ein gut getarnter, aber fast waschechter Chopper. Nur die Fussbremse stört ein wenig, sie ist viel zu weit vorne angesetzt. Dafür ist die Flip-Up-Rückenlehne extrem bequem und gibt von hinten angenehmen Halt. Runtergeklappt wird die Lehne zum Sozius-Sitz.
Batmobil, Tarnkappen-Flieger, Feuerstuhl
Alle haben sie geschaut, die Kinder auf dem Schulweg, der Bauer auf dem Traktor und die Verkäuferin aus dem Volg-Laden. Mit ihrem futuristischen Design erregt die Honda Vultus Aufmerksamkeit. Batmobil, Tarnkappen-Flieger, Feuerstuhl: Eine Mischung aus allem. Das ist gewollt, denn laut den Japanern ist die Vultus – das lateinische Wort für Aussehen – schlicht und einfach «eine Maschine, die aus der Reihe tanzt». Honda liess in Punkto Design seinen jungen Ingenieuren freie Hand mit der Auflage, ein «neuartiges Charaktermotorrad» zu entwickeln. Das ist ihnen nicht schlecht gelungen, würde ich meinen. Die schwarz-matte Lackierung trägt ebenfalls zum technoiden Äusseren bei. Doch das passt zu dieser Maschine, andere Farben bietet Honda gar nicht erst an. Bunt wird’s dafür bei der digitalen Instrumenteneinheit. Tacho, Drehzahlmesser, Tankuhr, Ganganzeige, Zeituhr und Kühlmittel-Kontrolllampe leuchten auf Wunsch in 25 verschiedenen Farben. Unter dem futuristischen Kleid der Vultus verbirgt sich zudem noch Stauraum: Auf der linken Seite ein abschliessbares Fach mit einem Liter Stauraum und Bord-Steckdose. Auf der rechten Seite ein drei Liter grosses Staufach. Ausserdem bietet Honda optionale Gepäckkoffer an, die sich ins Fahrzeugheck integrieren lassen. Schaut man die Vultus von der Seite an, so fallen gleich das 18-Zoll Vorderrad und das fette 200 mm breite 17-Zoll Hinterrad auf. Aussergewöhnlich!
Der perfekte Cruiser
Meine Fahrt im Grünen neigt sich dem Ende zu. Wind und Sonne im Gesicht macht müde, und so bin ich denn auch nicht ganz unglücklich, als ich die Honda Vultus wieder in die Garage stellen kann. Doch ich bin zufrieden mit dieser ersten Fahrt, weitere werden bestimmt noch folgen. Die Honda Vultus ist ein sehr vielseitiges Motorrad und ein gutes Einsteiger-Bike für Neulenker oder Wiedereinsteiger. Das Batmobil mit Chopper-Herz ist der perfekte Cruiser und bietet auf Überland viel Fahrspass. Aber auch in der Stadt ist der Honda Vultus eine gute Begleitung, da sie sich wie ein Roller fahren lässt. Nur der grosse Wendekreis, bedingt durch den langen Radstand, ist etwas unpraktisch. Und das Gewicht von 245 Kilogramm macht das Rangieren auch nicht gerade leicht. Schon gar nicht, wenn einem die halbe Welt dabei zuschaut. Denn mit diesem Motorrad ist einem viel Aufmerksamkeit garantiert.
Technische Daten | Honda NM4 Vultus |
Preis ab | 14430 Franken |
Hubraum | 750 cm3 |
Leistung | 55 PS |
Drehmoment | 68 Nm |
Verbrauch | 3,5 l/100 km/h (Werk) |
Sitzhöhe | 65 cm |
Gewicht | 245 kg |
Aussenmass | 283 × 93 × 117 cm |