Die C-Klasse von Mercedes hat sich zu einem wahren Erfolgsmodell und Multitalent entwickelt. Mit dem neuen offenen Viersitzer ist mittlerweile die siebte Karosserievariante im Angebot. Das neue Cabrio ist mit 5 Benzin- und 2 Dieselaggregaten mit einem Leistungsspektrum von 156 bis 333 PS erhältlich. Die stärkste AMG-Variante C63 S leistet gar atemberaubende 510 PS. Das Volumenmodell in der Schweiz ist der C 400 4MATIC Cabrio mit Allradantrieb.

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Ein fast typischer Benz

Die Mercedes-Designer scheinen wieder ein klares Design ohne grossen Schnickschnack zu favorisieren. Es gibt zwar immer noch zahlreiche Sicken und Lichtkanten, die sind aber im Vergleich zum Vorgänger harmonischer in die Grundstruktur der Karosse integriert. Der vordere Überhang mit dem massiven Kühlergrill und den Lufteinlässen ist sehr kurz. Eine optische Wohltat bei der nasenbärartigen, weil frontgetriebenen Konkurrenz. Die hohe Gürtellinie umschliesst schützend die Besatzung, das schafft Vertrauen in die offene Karosseriestruktur. Dazu spannt sich die Frontscheibe weit in den Innenraum hinein. Von hinten wirkt das Cabrio ganz Mercedes untypisch rund und bullig, rubensmässig üppig könnte man meinen. Was leider für den Kofferraum nicht gilt. Bescheidene 285 Liter bei geöffnetem Verdeck fasst der Platz unter der kleinen Kofferluke. Ist das Verdeck geschlossen, erhöht sich das Volumen auf immer noch schmale 360 Liter. Eigentlich untypisch für den schwäbischen Premium-Hersteller. Soll das restliche Gepäck wieder den Weg nach Hause finden, darf die Dame beim Shopping im Urlaub eben nur zwei Paar neue Schuhe kaufen.
Klar und einfach verständlich präsentiert sich auch das Cockpit. Hier hat man die fliessenden Linien des wohlproportionierten Hecks gleich mit übernommen. Nur die Bedienung des Infotainment-Systems erschliesst sich dem C-Neuling nicht sofort. Hier muss man sich erst mit den zahlreichen Knöpfchen auf der Mittelkonsole zurechtfinden. Das Display für den Infotainment-Bereich wirkt im ansonsten schön gestalteten Innenraum irgendwie aufgesetzt. Die dadurch entstehenden Fugen und Zwischenräume setzen sich bei offener Fahrt leicht mit Strassenstaub zu und sind nur umständlich zu reinigen. Viel Spass beim Putzen. Gerade bei einem Cabriolet könnte man das praxisfreundlicher lösen. Ansonsten stellt sich schon beim Türeschliessen das typisch solide Mercedes-Gefühl ein. Dem einen gefällt es, dem anderen nicht.

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S-Klasse kompakt

Schon beim Losfahren wähnt man sich eher wie in einer E- oder gar S-Klasse. Gediegen und souverän zieht der 400er von dannen. Alle Fahrgeräusche wurden bei der Entwicklung auf ein mögliches Minimum reduziert. Die Sindelfinger Aerodynamiker erzielten mit einem cw-Wert von 0,28 für ein Cabriolet einen Topwert, und so sind unangenehme Wind- oder Pfeifgeräusche kaum ein Thema. Zum Wohlbefinden trägt auch das extrem aufwendig konstruierte, dreilagige Verdeck bei. Die Ingenieure haben hier viel Arbeit im Windkanal verbracht, um bei geschlossenem Verdeck ein niedriges Innengeräusch zu erzielen. Aber halt, die Sonne lugt durch die Wolken hervor, also runter mit der Automütze. Das Verdeck öffnet sich in knapp 20 Sekunden vollelektrisch – und das auch fahrend bei einer Geschwindigkeit von bis zu 50 Stundenkilometern. Die offene, zweitürige Karosse, konstruiert mit einem hohen Anteil an Aluminium, fühlt sich sicher und steif an, wie eine massive Burg. Verwindungen oder Knistergeräusche sind dem C-Klasse-Cabrio völlig fremd. Natürlich ist das Sechszylinder-Cabrio mit Allradantrieb und zahlreichen Luxus-Features kein Leichtfuss. Aber die 333 PS kommen mit den 1800 Kilo Fahrgewicht spielerisch zurecht. Das 9-Gang-Automatikgetriebe findet in jeder Situation den passenden Gang, die Wechsel zwischen den Gangebenen sind kaum spürbar. Die Paddel am Lenkrad zum manuellen Hoch- und Runterschalten bleiben meist unberührt. In dieser Kombination machen kleine Bergsträsschen richtig Spass. Und das besonders, weil auch die Federung nicht übermässig hart agiert. Auch kurze Stösse filtert die Feder-Dämpfereinheit gut weg. Durch die hohe Gürtellinie und tiefe Sitzposition herrscht in Verbindung mit der perfekt arbeitenden Air Condition fast immer das passende Wohlfühlklima. Der (nach einem Patentstreit wieder zum Verkauf freigegebene) Airscarf umhüllt den Nacken mit einem wohlig warmen Luftstrom. Sollte es bei höherem Tempo doch etwas zugig sein, beruhigt das Aircap an der Frontscheibe in Verbindung mit dem Windschott am Heck den Luftstrom um die Besatzung. Auch wenn man offen und ehrlich sagen muss, dass der ausfahrbare Frontscheibenspoiler designtechnisch eine absolute Katastrophe ist. Der automobile Schöngeist wendet sich mit Grausen ab. Aber was soll man tun, wenn Mutti auf der Tour fröstelt?!

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AMG C 63 S Cabrio – Das hohe C mit dem tiefen Bass.

Varrroum, macht es, als ich das unscheinbare Startknöpfchen des AMG C63 S Cabrio drücke. Eine gutgekleidete ältere Dame, die eben noch das weisse Cabrio bewunderte, zuckt zusammen und nimmt ihr kleines Hündchen schützend in den Arm. Nicht dass der kleine Yorkshire noch vom Luftfilter des 4 Liter V8-Biturbo eingesaugt wird. Mir ist der Auftritt etwas peinlich, genauso bin ich aber fasziniert von diesem Stück Hightech aus Stahl, Carbon und Aluminium. Umso mehr als ich auf der Landstrasse endlich einmal die 510 Pferde wecken kann. Meine Mundwinkel zieht es nach hinten, gleichermassen gesteuert durch die Begeisterung und die erzeugte Fliehkraft. In nur 4,1 Sekunden beschleunigt das viersitzige Cabrio von null auf Tempo hundert. Theoretisch würde der Renner locker die 300 km/h knacken. Maximal sind aber (mit Drivers Package) nur 280 drin. Der grosse Auftritt mit dem Oben-ohne-Kracher ist aber überall garantiert. Auf der Testfahrt bei Triest interessierte sich auch die Guardia di Finanza, die italienische Finanzpolizei, intensiv für das über 111 000 Franken teure Cabrio und seine Besatzung.

Technische Daten Mercedes C 400 4MATIC Cabrio
Preis Ab 70 200 Franken
Hubraum V6, Benzin, 3,0 Liter
Leistung 333 PS bei 5250 U/min
Drehmoment 480 Nm bei 1600 U/min
Antrieb 9-Gang-Automatik, Allradantrieb
0 bis 100 km/h 5,2 s
Spitze 250 km/h
Verbrauch 8,0–8,3 l/100 km (Werksangabe)
CO2 181–189 l/100 km (Werksangabe)
Aussenmasse (LxBxH) 469 x 181 x 142 cm
Ladevolumen 285–360 Liter
Markteinführung 2016
Konkurrenten Audi A5 Cabrio 3.0 TFSI (70 100 Franken)
BMW 440i xDrive Cabrio (71 700 Franken)

 

Fazit
Das C-Klasse-Cabrio erweist sich als 400er als sehr ausgewogenes und harmonisches Paket. Perfekt für den Ausflug in sommerliche Gefilde. Dank Allradantrieb scheut der offene Viersitzer auch keine Fahrt zur hochgelegenen Skihütte.

Vor- und Nachteile

  • Hochwertige Ausstattung, niedriges Innengeräusch

  • Kleiner Kofferraum, unübersichtlich bei geschlossenem Verdeck