Der Titel wird Tim Schrick nicht ganz gerecht. Denn er ist nicht nur der Urmeter aller deutschsprachigen Auto-Tracktester, die im TV Sportboliden um den Rennkurs hetzen und bewerten. Der 40-jährige Münchner ist auch Rennfahrer, Instruktor und Rennwagen-Konstrukteur in Personalunion. wheels! hat den umtriebigen Querfahrer getroffen und über seine Pläne 2016 gesprochen.

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Tim Schrick
Tim Schrick, geboren am 20. Januar 1976 in Wermelskirchen, ist ein deutscher Rennfahrer und TV-Journalist. Sein Vater Peter Schrick gründet 1969 eine Firma zur Herstellung und Bearbeitung von Motorteilen, speziell für den Motorsport. Berühmt werden die Nockenwellen aus dem Hause Schrick. Tim wächst in einem motorsportlichen Umfeld auf. Mit 13 Jahren fährt er zum ersten Mal ein Auto auf einer Rennstrecke, der Nürburgring-Nordschleife. Auch im Renncart ist er engagiert unterwegs und bestreitet erfolgreich mehrere Rennserien. Seit 2000 produziert er für verschiedene deutsche TV-Sender Fahrberichte, Tracktests und Reportagen mit verschiedensten Fahrzeugen. Grosse Aufmerksamkeit erregt sein Projekt «Team Schrick», für das er einen Aston Martin zum Rennfahrzeug umbaut und beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring einsetzt. Heute lebt der Rennfahrer und TV-Moderator in München.

Hi Tim, Du hast Dir ja als TV-Tracktester einen gewissen Kultstatus erarbeitet. Wie bist Du dazu gekommen, Sportwagen auf ihre Tracktauglichkeit zu testen und zu bewerten?
Ich habe mit den Tracktests begonnen, da gab es noch nicht diesen Personalisierungswahn im Fernsehen. Am Anfang bin ich bei den Dreharbeiten nur die Autos gefahren, habe mich um den Schnitt gekümmert und einen Sprechertext dazu geschrieben. Nach zwei Jahren hat mich mein Chef überredet, das vor der Kamera zu machen. Eigentlich wollte ich nicht ins Fernsehen. Schon deshalb nicht, weil ich es nicht mochte, angequatscht zu werden. Ich fahre die Autos und erzähle dann spontan, was mir zu dem Auto einfällt. Das mache ich so, weil ich das Gestellte und Aufgesagte im Fernsehen blöd fand. Ich bin kein klassischer Moderator, da tue ich mich extrem schwer. Am besten ist es für mich und auch für die Zuschauer (lacht), wenn ich einfach ein Auto fahre und erzähle, wie es sich für mich anfühlt. Viele Leute geben mir Feedback und sagen, ich könne die Sachen so erklären, dass sie es verstehen. Jetzt, nach über 15 Jahren, ist das mein Markenzeichen.

Wie gehst du an einen Tracktest ran? Beschäftigst Du Dich vorher eingehend mit dem Auto?
Ich interessiere mich natürlich sehr für Technik. Bei den meisten Autos weiss ich, wie die aufgebaut sind und was technisch in ihnen steckt. Das bekomme ich schon vorher mit. Im Test versuche ich dann zu erklären, wie zum Beispiel die Lenkung und die Bremsverteilung ist. Bei BMW-M-Fahrzeugen ist es so, dass hinten extrem viel von der Bremse weggeht, das ist interessanterweise bei einem Mercedes AMG total anders. Das sind kleine Unterschiede, die mir dann auffallen, die ich aber vorher nicht recherchiere.

Mittlerweile unterstützen zahlreiche elektronische Helferlein und Assistenzsysteme den Fahrer auch beim sportlichen Fahren. Wie siehst Du diese Entwicklung?
Wenn man es passiv betrachtet, ist es eine Entmündigung. Auf der anderen Seite habe ich aber auch einen riesigen Respekt vor den Ingenieuren, welche diese Systeme entwickeln. Ich sehe das wirklich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Das Spielkind in mir findet es super, wenn zum Beispiel ein Porsche die Vorspur ändert, man so das Auto zusätzlich stabilisiert. Aber immer wenn ich in ein Auto einsteige, das diese technischen Unterstützungen nicht hat, finde ich das besser. Warum? Meine Ausbildung begann mit einem Renncart, da braucht man ein 100-prozentiges Gefühl für das Fahrzeug. Alle Assistenzsysteme verwässern das. Dazu kommt noch die akustische Entkopplung. Autos müssen heutzutage unheimlich leise sein, damit man im Auto seine Ruhe hat. Das finde ich auch gut. Ich kann es total geniessen, mit einem leisen Auto irgendwo hinzufahren, aber oft denke ich mir, wo bleibt der Sound von dem geilen Motor?

Welche Fahrzeuge haben Dich positiv wie auch negativ überrascht?
Vor etwa vier Jahren gab es einen toten Punkt, wo alle Autos kein Gefühl mehr in der Lenkung hatten. Das waren die ersten elektrischen Servolenkungen. Das ist jetzt wieder ein bisschen besser geworden. Aber immer wenn ich in einen alten Porsche 911 einsteige, der noch keine Servolenkung hat, dann musst du zwar am Lenkrad richtig arbeiten, zum Beispiel beim Parkieren, aber sobald du dann fährst, ist es einfach gut. Bei diesen Autos spürst du noch sehr gut, was das Auto macht. Das macht dann auch richtig Spass. Positiv überrascht war ich vom Porsche Carrera GT, das ist jetzt auch schon ein bisschen länger her. Das ist für mich das Top Level eines strassenzugelassenen Autos. Davor habe ich nichts Besseres gefahren – und danach auch nicht. Der Carrera GT hat eine unfassbar gute Fahrbarkeit, er fährt sich wie ein Rennauto mit ordentlich Komfort. Das Auto ist einfach ein Hammer-Sportwagen.

Wie sehen Deine Pläne für dieses Jahr aus?
Ich bin seit 2015 von Subaru Tokyo als Werksfahrer für das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring eingesetzt. Mit dem STI waren wir letztes Jahr sehr erfolgreich. Da haben wir mit 300 Kilometer Vorsprung unsere Klasse gewonnen. Das hat richtig Spass gemacht. Auch in diesem Jahr werden wir am Ring wieder an den Start gehen. Dadurch ist der Kontakt zu Subaru Deutschland intensiver geworden. Ich fahre auch privat einen Subaru BRZ. Der ist klein, leicht und hat Heckantrieb. Ich habe mir das Auto natürlich genauer angeschaut und war überrascht, wie toll der gebaut ist. Ich habe mich dann mit paar Leuten besprochen, einen BRZ als Rennwagen für die VLN-Langstreckenmeisterschaft am Nürburgring zu bauen. Jetzt haben wir eine Firma gegründet und bauen momentan einen BRZ für die SP3-Klasse. Das Auto wird eine komplett eigene Motorentwicklung und eine angepasste Geometrie haben. Damit wir das für einen Einsatz 2016 noch hinbekommen, habe ich versucht, möglichst viel Komplexität aus der Sache herauszunehmen. Nicht so wie damals mit dem Aston Martin bei Team Schrick. Wir haben also sozusagen nur Kleinigkeiten abgeändert.

Du giltst als Nürburgring-Nordschleifen-Experte. Ist sie auch Dein Lieblings-Rennkurs?
Ich habe jedes Mal vollen Respekt vor der Strecke. Vor dem Qualifying denke ich mir oft auch, dass ich doch lieber wieder nach Hause fahren würde. Ich hatte schon oft Fluchtgedanken. Aber ich lerne damit zu leben. Um dort Spass zu haben und um bei der VLN erfolgreich zu sein, braucht man aber keinen Boliden mit 500 PS oder mehr. Ein Meistertitel ist immer super, aber wenn du mit einem bezahlbaren Auto einen Titel, sprich die Klasse gewinnst, ist es immer ein erstrebenswertes Ziel.

In den letzten Jahren warst Du auch immer wieder als Instruktor bei Renntrainings tätig.
Momentan gibt es für 2016 noch keine Termine, weil ich sehr viel Zeit in das VLN-Projekt investiere. Nebenbei versuche ich mir jedoch Zeit freizuschaufeln. Mit Subaru habe ich jetzt zwei Jahre lang ein Winterdrift-Training gemacht. Da hatten wir sehr viele Teilnehmer, und je mehr man hat, desto mehr Spass macht es. Ich versuche, ein Konzept zu erarbeiten. Ich möchte gerne selber was anbieten, was es noch nicht gibt vom Paket her, und da versuche ich mir gerade ein paar Gedanken dazu zu machen.

Fotos: Axel Rubbel/Tim Schrick

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